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Roboterfußball – Die intelligente Zukunft des Sports
Der technische Fortschritt betrifft alle möglichen Lebensbereiche. Manche Technologien waren vor dreißig Jahren noch utopische (und manchmal auch dystopische) Gedankenspiele in Science Fiction-Filmen. Heute sind sie Realität. Roboter bauen mittlerweile Autos, Smartphones sind allgegenwärtig und bald gibt es sogar computergestützte Brillen, die unseren Blick auf die Welt entscheidend verändern werden. All dies ist mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Auch der Sport ist heutzutage durch Technologien beeinflusst. Beim Eishockey registrieren Sensoren, ob der Puck im Tor war und beim Tennis können die Spieler durch die Hawkeye-Methode überprüfen lassen, ob ein Ball innerhalb oder außerhalb des Feldes aufgetroffen ist. Nur eine Sportart tut sich schwer mit Veränderungen: Fußball. Die Diskussionen rund um Hawkeye und einen Chip im Fußball dauern seit Jahren an. Erst vor kurzem einigte man sich darauf, einen Schritt in Richtung Modernität zu wagen. Doch abseits des konventionellen Fußballs von Fifa, Uefa & Co gibt es zwei Verbände, die für eine besonders futuristische Variante des Traditionssports stehen: Roboterfußball. Im Gegensatz zum menschlichen Fußball, der die Abwesenheit von Technik teilweise romantisiert, wird hier voll und ganz auf Maschinen gesetzt, die gegeneinander antreten.
Selbst „Die Sendung mit der Maus“ berichtete schon über den akademischen Sport:
Sport im Geiste der Wissenschaft – Wie entstand Roboterfußball?
Man kann sich nun fragen, wie Leute darauf kommen, Roboter in einem Fußballspiel gegeneinander antreten zu lassen. Dies lässt sich auf eine lange Tradition in der Robotik zurückführen, bei der Wissenschaftler versuchten den menschlichen Intellekt durch künstliche Intelligenz zu übertrumpfen. Zunächst versuchte man dies beim Schach zu erreichen. Konrad Zuse und Claude E. Shannon waren Mitte des 20. Jahrhunderts die Ersten, die Anstrengungen in dieser Richtung unternommen. Knapp 50 Jahre später war es dann so weit und ein Supercomputer besiegte den damaligen Schachweltmeister Garri Kasparow. Allerdings wurde schnell klar, dass dies noch nicht ein ultimativer Test für künstliche Intelligenz war. Schach ist berechenbar und wenn alle beteiligten Spieler rational vorgehen, sind die Züge vorauszusehen. Beim Mannschaftssport verhält sich dies anders. Situationen lassen sich nicht immer planen. Der Roboter muss viele verschiedene Aspekte berücksichtigen. Dazu zählen laut Wikipedia Planen, Lernen, Sensorik, Motorik, reaktives Verhalten, Schwarmkoordination, Selbstlokalisierung und Pfadplanung. Nicht nur die Gegenspieler, sondern auch die eigenen Mitspieler können eine Situation verkomplizieren. Wo läuft mein Mitspieler hin? Wohin sollte ich den Ball spielen? Wie positionieren sich die Spieler des anderen Teams? All das sind Probleme, deren Lösung sehr viel anspruchsvoller ist als ein ruhig verlaufendes Schachspiel, bei dem sowohl der menschliche, als auch der technologische Spieler genug Zeit hat, um seinen nächsten Zug zu planen. Bisher befindet sich Roboterfußball noch in den Kinderschuhen. Wie die Vorbilder vom Roboterschach wollen die Entwickler aber fünfzig Jahre nach den ersten Gehversuchen – also im Jahr 2050 – Roboter kreieren, die in der Lage sind, menschliche Profi-Fußballer zu besiegen.
Die EM 2016 – der Spielplan
Am 10.Juni fängt mit dem EM-Eröffnungsspiel Frankreich gegen Rumänien die Fußball EM 2016 an. Hier der EM-Spielplan:
Deutschland spielt bei der EM 2016 das erste Mal am 12.6. gegen Nordirland, dann am 16.6. gegen Polen und im dritten Gruppenspiel geht es gegen Nordirland am 21.06.2016. Hier gibts den neuen EM Spielball von adidas.
Roboterfußball- mehr Details
Im Mittelpunkt steht immer der wissenschaftliche Anspruch. Roboterfußball ist kein Selbstzweck, das heißt es geht nicht ausschließlich darum, Roboter zu entwickeln, die in der Lage sind, Fußball zu spielen. Vielmehr gilt das Fußballfeld als Testlauf für maschinelle Helfer, die dort ihre Fähigkeiten testen können. Damit soll der Einsatz der Robotik im Alltag vorangetrieben werden, in dem Roboter genau wie beim Mannschaftssport multi-tasking-fähig sein und mit sich spontan verändernden Situationen umgehen müssen. Was also zunächst wie eine verspielte Nerd-Kultur wirkt, hat einen anspruchsvollen Hintergrund, der irgendwann vermutlich unser aller Leben entscheidend verändern wird.
RoboCup – der erste Verband in der Welt des Roboterfußballs
Wie es sich für eine ambitionierte Sportart gehört, ist auch Roboterfußball in Verbänden organisiert. Der erste Verband war der RoboCup, welcher im Jahre 1997 gegründet wurde. Seitdem veranstaltet er jährlich Veranstaltungen, bei denen um Titel gekämpft wird. Dabei gibt es etliche Ligen, die sich in Bezug auf Größe des Spielfelds und der Beschaffenheit der Roboter unterscheiden.
Auf virtueller Ebene werden Spiele in der 2D Simulation und 3D Simulation ausgetragen. Dies ist also eine Liga, die als Vorstufe zu physischen Fußball-Spielen zwischen Robotern angesehen werden kann.
In der Small Size-Liga stehen sich jeweils fünf kleine Roboter gegenüber, die ferngesteuert agieren. In der Middle Size-Liga hingegen agieren die Roboter selbst, sodass ihre Entwickler während des Spiels keinen Einfluss auf sie haben. Die künstliche Intelligenz ist dort also besonders wichtig, da der Roboter keinen Mensch oder Computer hinter sich hat, der ihm in brenzligen Situationen Befehle übermitteln kann. Stattdessen muss er selbst Lösungen für knifflige Probleme entwickeln.
Die Standard Platform League dürfte die bekannteste und populärste Liga des Verbandes sein. Hier kommen mittlerweile Naos zum Einsatz, die die vorher verwendeten Aibos ablösten. Während es sich bei Aibos um Roboterhunde handelte, sehen Naos wie kleine freundliche Maschinen à la Wall.E aus. Kein Wunder also, dass diese Liga die Zuschauer besonders anzieht.
Besonders anspruchsvoll ist die Liga der Humanoiden. Hier werden Roboter eingesetzt, die optisch Menschen ähneln und die vollständig autonom agieren. Dabei wird zwischen der KidSize, TeenSize und der AdultSize unterscheiden.
Die Rescue-Liga sticht heraus, da sie im Gegensatz zu den anderen Ligen keiner sportlichen Tätigkeit nachgeht, sondern die Einsatzfähigkeit von Robotern bei Katastrophen simuliert. Ähnlich verhält es sich mit der @Home-Liga, die Roboter in den häuslichen Alltag integriert. Schließlich gibt es noch eine Liga, die die Einbindung von Robotern in die industrielle Produktion erprobt: die Logistics-Liga.
Der Nachwuchs wird ebenfalls gezielt gefördert. Jugendliche können sich in der Junior-League an verschiedenen Disziplinen der zuvor genannten Ligen versuchen. Die Produktion der Roboter wird durch die Festo Logistics League angeheizt, bei der zwei Mannschaften gegeneinander im Bereich Technologie-Entwicklung antreten.
Der Konkurrenzverband FIRA
Auch der Konkurrenzverband Federation of International Robot-Soccer Association, kurz FIRA, wurde 1997 gegründet. Schon ein Jahr zuvor fand der erste FIRA Cup statt. Die von der FIRA angebotenen Ligen unterscheiden sich von denen des RoboCup. In der so genannten MiroSot treten kleine Roboter gegeneinander an. Bei einer Teilnehmerzahl von fünf Robotern wird auf einem 220x180cm großen Spielfeld gespielt. Bei elf Spielern handelt es sich um 400x280cm großes Feld. Die Roboter sind würfelartig und werden von einem Computer ferngesteuert.
Am kleinsten sind die Roboter in der NaroSot. Ihre Größe beträgt lediglich 4x4x5,5cm. Alle anderen Bedingungen sind so wie in der MiroSot.
Anspruchsvoller wird es in der RoboSot. Hier können die Spieler bis zu 20x20cm groß sein und arbeiten zum Teil autonom. Autonome künstliche Intelligenz kommt hier also zum ersten Mal zum Einsatz.
In der KheperaSot kommen ausschließlich Roboter vom Typ Khepera zum Einsatz. Diese haben lediglich einen Durchmesser von 6cm und agieren komplett eigenständig.
Die Königsklasse schließlich ist die HuroSot. Hier treten nur Roboter an, die auf zwei Beinen gehen können und mit diesen den Ball spielen. Die HuroSot hat drei Unterkategorien, die sich nach der Anzahl der Spieler und deren Größe aufteilen. In der Small-Liga treten fünf Spieler an, die maximal 50cm hoch sein dürfen. Bei der Medium-Liga sind es drei Roboter pro Mannschaft, die höchstens maximal 80cm. In der Large-Liga werden Spiele zwischen jeweils drei Roboter mit einer Maximalhöhe von 150cm ausgetragen. Besonders putzig ist hierbei, dass die zweibeinigen Maschinen häufig umfallen und die Spiele dadurch oft einen amüsanten Charakter bekommen.
Welt- und Europameisterschaften
Sowohl der RoboCup als auch FIRA veranstalten jährlich Weltmeisterschaften und andere Turniere, bei denen sich Entwickler aus der ganzen Welt messen können. Dabei werden immer wieder neue Meilensteine in der Entwicklung von intelligenter Robotik erreicht. Bei einer der ersten großen RoboCup-Weltmeisterschaften im Jahr 2004 in Lissabon konnte beispielsweise ein Roboter im Tor zum ersten Mal einen Ball halten. Ein Jahr später bei der Weltmeisterschaft in Osaka in Japan wurden zum ersten Mal humanoide Roboter eingesetzt.
Nationale Turniere finden ebenfalls statt. Deutschland, Brasilien und Japan veranstalten jährlich Open-Turniere, bei denen auch Teilnehmer aus anderen Ländern antreten können. Die Niederlande trugen 2006 zum Ersatz für die German Open, die in diesem Jahr ausfielen, einmalig die Dutch Open. Besonders erfolgreich sind bei den Turnieren vor allem die großen Wissenschaftsnationen. Die USA, China, Deutschland und Japan belegen regelmäßig die vorderen Plätze bei Weltmeisterschaften.
Bei den Wettbewerben der FIRA sieht das Bild ähnlich aus. Die Turniere finden ebenfalls jährlich an wechselnden Orten statt. Häufig koppelt man die Turniere an den Austragungsort der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft. So fand im Jahr 1998 die FIRA-Weltmeisterschaft in Frankreich statt.
Sowohl bei FIRA als auch beim RoboCup sind die Wettbewerbe häufig an einen wissenschaftlichen Kongress geknüpft. Dieser ist zumeist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Entwickler debattieren dort über den aktuellen Stand der Robotik, Fortschritte und Forschungslücken, die es zu füllen gilt. Dies macht erneut deutlich, dass man es hier nicht mit einem Sport wie jedem anderen zu tun hat. Der akademische Anspruch begleitet Roboter und Entwickler sowohl beim Spiel als auch in der Vorbereitung.
Team Austro – Der FC Bayern des Roboterfußballs
Ein echtes Vorzeigeteam des Roboterfußballs kommt aus Österreich. Das Team Austro wurde einst an der Technischen Universität Wien gegründet und nimmt regelmäßig an Turnieren teil, die es meistens erfolgreich bestreitet. Dabei versuchen sie sich an allen Ligen. Ob Würfelroboter oder zweibeinige Maschine: Die Österreicher mischen überall mit. Unter anderem konnten sie schon einen Europameister- und Vize-Europameister-Titel entgegen nehmen. Hinzu kommt der Weltmeister-Titel aus dem Jahr 2004.
Weitere Teams, die in der Szene regelmäßig für Aufsehen sorgen, sind die Darmstadt Dribblers der TU Darmstadt, NimbRo von der Universität Bonn, die FUmanoids der FU Berlin und CIT Brains aus Japan.
Ein technologischer Sport mit Zukunft
Beim Roboterfußball geht es nicht nur um Spaß. Natürlich ist es sowohl für Zuschauer als auch für die Entwickler spannend, die Spiele der Roboter zu verfolgen – vor allem, da Fortschritte erkennbar sind und fast jedes Jahr neue Techniken und Technologien ausprobiert und erfolgreich angewendet werden. Viel wichtiger ist allerdings die Auswirkung des Sports auf unseren Alltag in der Zukunft. Obwohl Roboter schon jetzt eine wichtige Rolle in der Industrie und Produktion spielen, sind sie im Leben des Durchschnittsbürgers noch relativ unsichtbar. Das soll sich bald ändern.
Roboter könnten beispielsweise im Haushalt helfen und den Menschen dadurch Last abnehmen. Bedenkt man, dass immer mehr Menschen arbeiten gehen, wird es umso wichtiger, dass sie ihre Freizeit nutzen können. Besonders deutlich wird die Relevanz von Robotik auch in der Alten- und Krankenpflege. Auch hier könnten Roboter Aufgaben übernehmen, sodass die Horrovorstellung von vernachlässigten älteren Menschen in Heimen der Vergangenheit angehören würden. Ausschlaggebend ist dafür, dass Roboter nicht nur einem rationalen Gedankenpfad folgen und dementsprechend handeln können, sondern dass sie auf unvorhersehbare Situationen adäquat reagieren können und für ein Problem mehrere Lösungsansätze verfügbar hat.
Roboterfußball ist für dieses Ziel ein entscheidender Baustein. All die oben genannten Elemente kommen in einem Fußballspiel vor, sodass es sich perfekt zur Erprobung der Robotik eignet. Die Roboter müssen schnell reagieren, ein gewisses Selbstbewusstsein für ihre Rolle im Spiel mitbringen und in der Lage sein zu kooperieren, da nur so Aufstellungen und Taktik angewendet werden können. Egal ob in einer Sportmannschaft oder im Umgang mit Menschen: Die Aufgaben sind die selben. Gerade deswegen besitzt der Roboterfußball ein derart großes Potenzial. Bleibt abzuwarten, ob der ambitionierte Zeitplan eingehalten werden kann. Falls dies funktioniert, duellieren sich die Messis und Ronaldos von morgen mit Fußballmaschinen, die ihnen das sportliche Leben erschweren werden.
Die Roboter in Action sehen
Wer die Roboterfußballer noch nie live gesehen hat, sich aber gerne einen Eindruck verschaffen möchte, kann durch Videos zum ersten Mal in den Sport reinschnuppern. Dort sind einige Aufzeichnungen von Meisterschaftsspielen zu finden.
Dies ist das Eröffnungsspiel der German Open aus dem Jahr 2012 in der Standard Platform-Liga:
Die Humanoid-Liga, die Königsdisziplin, kann ebenfalls begutachtet werden. Hier handelt es sich um das Finale der Adult-Size der RoboCup-Weltmeisterschaft 2011 in Istanbul: